Wir bekommen immer wieder aus der ganzen Welt Anfragen zum Thema Bildung zu Hause, welche wir ernsthaft zu beantworten versuchen. Dabei ist auffallend, wie die meisten Eltern, meistens Frauen, sich erst kurz vor der Einschulung mit der Bildung ihrer Kinder auseinander setzen. Da dieser Prozess für meine Frau und mich gemeinsam bereits vor der Geburt des ersten Kindes begonnen hat, fällt es uns jeweils nicht ganz einfach, uns in die jeweilige Situation hinein zu versetzen. Wir versuchen dabei keine Ratschläge zu erteilen und teilen auch mit, dass wir keine Erfahrungen zu einem entsprechenden Thema haben.
In der Folge berichten wir in einer Antwort über unsere Art, wie wir Bildung zu Hause angehen. Aufgrund der positiven Rückmeldung scheint der Brief gut angekommen zu sein.
_____________________________
Herzlichen Dank für Ihre Kontaktaufnahme.
Es ist in der Tat ein spannendes Vorhaben in der Familie Bildung zu Hause zu praktizieren. So wie ich Ihre Mail interpretiere, sind Sie erst am Anfang der Auseinandersetzung. Dies vermute ich, weil in Ihren Fragen die klassischen Fragen von Kritikern und Zweiflern hochkommen. Lernen die Kinder genug? Was sagt die Umgebung? Und viele kennen ein einzelnes Beispiel, bei dem es vielleicht nicht so optimal lief. Weiter entnehme ich Ihrer Mail, dass Unschooling oder Leben ohne Schule für Sie ebenfalls neu ist. Homeschooling ist nicht gleich Homeschooling. Das mussten wir teilweise bitter erfahren. Weiter möchte jeder sofort Kontakt mit einer Familie, bei der es angeblich funktionieren soll. Ja, so ist es bei fast allen. Viele sind uns besuchen gekommen, obwohl ich am Telefon bereits sagte, dass wir eine normale Familie sind und es bei uns nichts Besonderes zu sehen gibt. Das stimmt natürlich nicht, denn unsere 3 Kinder (Nalin 2,5 – Olivia 4 – Sara 7) sind wirklich Besonders. Es soll für die Eltern auch nicht anders sein. Und hier komme ich zum springenden Punkt resp. zu unserer Philosophie. Es ist ja interessant, dass jede Familie, die mit den Kindern Bildung zu Hause praktiziert, unterschiedlichste Motivationen und Wertsysteme mitbringen. Die einen, und es sind nicht wenige, bringen die christlichen Werte ins Spiel. Diese Familien mit ihren eigenen Weltbildern funktionieren nicht anders als die Schule. Die Kinder sind eine Aufzucht, die zum Heil geführt werden sollen. Ob zum religiösen Heil oder zum kapitalistischen Heil, die Art des Lehrens unterscheidet sich nicht gross. Die anderen, – zu diesen bekennen wir uns, und es sind sehr wenige, argumentieren
1. mit der Art des Lernens und
2. mit der Art, wie mit Menschen umgegangen werden soll.
Wir lehren nicht. Wir halten keine Heimschule. Wir schrauben nicht an den Kindern. Sondern wir gestalten eine entspannte und interessante Umgebung, mit dem Urvertrauen und dem Wissen, dass jedes Lebewesen (Menschen, Tiere, Pflanzen) die ureigenste Umgebung jeweils assimiliert. Ein Lebewesen kann gar nicht anders, als sich die Umgebung einzuverleiben. Konkret bedeutet dies: in einer lesenden Familie lernen die Kinder automatisch lesen oder etwas krasser, in einer Umgebung mit Belohnung und Bestrafung entstehen Menschen, die später wieder so funktionieren und sich gegenseitig kanibalisieren. Zu dieser Umgebung gehören wir als Eltern und es liegt an uns, wie wir Punkt 1 und Punkt 2 anpacken. Es gibt heute bereits interessante wissenschaftliche Erkenntnisse zu unserer Art, wie wir Bildung zu Hause angehen (siehe z.B. https://unschooling.ch/blog/2007/12/buchrezension-zu-hause-von-alan-thomas.html). Wir mussten uns in den letzten 8 Jahren tüchtig bilden, indem wir unzählige Bücher gelesen haben. Dabei wurden wir in den Grundsätzen sowohl in unserem Vorgehen als auch in unserer Haltung gegenüber den Kindern bestätigt. Auf unserer Webseite haben wir eine umfassende Bücherliste zur Verfügung gestellt (siehe www.pro-lernen.ch/hilfen.htm). Weiter führen wir einen Blog, in welchem wir immer wieder ausführlich über unsere Vorhaben berichten und den „Leuten draussen“ Einsicht in unsere Art Bildung zu Hause geben. Wir haben gelernt, dass Bildung zu Hause etwas Privates ist und keine Familie mit einer anderen vergleichbar ist.
Wir selber wollen eine Familie sein, die teilnimmt an einer modernen oder gar post-modernen Welt. Wir wollen uns weder abschotten, noch hervorheben. Wir wollen mit unserer Autorität unsere Kinder, das Lernen und das Leben ins Zentrum stellen und mit Ihnen die Welt entdecken und dabei selber mit lernen. Wir wollen aber auch mithelfen, dass Bildung zu Hause als valable Alternative etabliert wird, weshalb wir auch unsere Aktivitäten im Web publizieren und auch zu Clonlara einen guten Kontakt pflegen. Wir sind momentan die Kontaktstelle Schweiz für Clonlara International.
So habe ich nun viel geplaudert. Wenn Sie einmal in der Schweiz sind, können Sie jederzeit mit uns Kontakt aufnehmen.
Herzliche Grüsse
_____________________________
Hinterlassen Sie einen Kommentar